Limburg, ja, das kennt jeder. Der ehemalige Bischof hat es mit seiner goldenen Badewanne deutschlandweit (oder sogar weltweit?) bekannt gemacht. Aber wer war schon dort? Wer kennt das schöne Städtchen, das gar nicht weit entfernt ist? Und wer war schon in Hadamar?
Kürzlich startete die AWO zusammen mit Fulda-stellt-sich-quer mit zwei Bussen Richtung Westen. In Limburg staunten wir über die schönen Fachwerkhäuser, die in der Herbstsonne besonders nett wirkten. Die alte Lahnbrücke aus dem 14. Jahrhundert spiegelte sich im Fluss. Hier verlief die Via Publica von Köln nach Frankfurt. Im weiteren Verlauf kam die Straße zu so einer engen Stelle in der Altstadt, dass dort zeitweise die Waren von den Wagen abgeladen und ein paar Meter weiter wieder aufgeladen werden mussten. Eine kurzweilige Stadtführung versetzte uns zurück ins Mittelalter mit seinen Menschen, Sprichwörtern und Gewohnheiten und führte natürlich auch hinauf zum Domberg.
Der eigentliche Grund der Reise war trauriger. Wir besuchten eine Internationale Gedenkstätte für Opfer des Nationalsozialismus. Fast 15.000 Menschen wurden von 1941 bis 1945 in der damaligen Tötungsanstalt Hadamar ermordet. Hierzu gehörten psychisch Erkrankte und Menschen mit Behinderung, es waren Alte und Junge, Männer, Frauen und Kinder. Das Hauptgebäude war 1883 zunächst als „Corrigendenanstalt“ (also als Arbeitshaus für Obdachlose und/oder Straftäter) erbaut worden. Ab 1906 befand sich dort eine psychiatrische Klinik: die Landesheilanstalt Hadamar.
In der Nazizeit wurden psychisch kranke und behinderte Menschen zur Vermeidung von Erbkrankheiten zunächst in großem Maße sterilisiert, von Januar bis August 1941 dann im Rahmen der „Aktion T4“ in durchorganisierter Weise ermordet. Die Menschen wurden aus weiten Teilen Deutschlands sowie auch anderen Ländern Europas mit Bussen nach Hadamar gebracht, von der Garage aus durch einen überdachten Gang direkt in einen Untersuchungsraum geleitet, wo sie sich entkleiden und begutachten lassen mussten, und dann in einen Keller zum Duschen geschickt. Sie wurden mit Kohlenmonoxid vergiftet und anschließend verbrannt. Das war quasi die Vorstufe für die spätere massenhafte Tötung in den Vernichtungslagern.
Die Nationalsozialisten stoppten diese Aktion aufgrund vielfältiger Proteste. Ihre Ideologie war aber schon so verbreitet, dass Pflegekräfte und Ärzte von 1942-1945 im Rahmen der „dezentralen Euthanasie“ die Tötung von nicht mehr arbeitsfähigen Kranken bzw. Gefangenen mittels Medikamentencocktails fortsetzten.
Die oberhalb des Gebäudes gelegenen Bereiche des Anstaltsfriedhofs, wo die Ermordeten in Massengräbern begraben worden waren, wurde zu einer Gedenklandschaft umgestaltet, die im September 1964 feierlich eingeweiht wurde. Eine Stele mahnt seit dieser Zeit „Mensch achte den Menschen“. Eine umfangreichere Aufarbeitung erfolgte jedoch erst in den 1980er Jahren und eine Ausstellung im Keller der ehemaligen Tötungsanstalt wurde eröffnet. Im Jahr 1991 wurde sie erweitert und die Einrichtung erhielt ihren heutigen Namen: Gedenkstätte Hadamar. Man sollte diesen Namen kennen – und wissen was dort geschah, damit es sich nicht wiederholt!
Text und Bild: Ilona Götz