Guten Abend liebe Freundinnen und Freunde,
liebes Publikum,
ich bin Martin Uebelacker vom Bündnis „Fulda stellt sich quer“ und begrüße Euch und Sie ganz herzlich zu unserer heutigen Kundgebung: Nie wieder Antisemitismus, nie wieder Judenhass, für einen Frieden in Nahost!
(Hier werden die Auflagen des Rechts- und Ordnungsamtes für die Kundgebung verlesen.)
Nie wieder Antisemitismus, nie wieder Judenhass, für einen Frieden in Nahost lautet der Titel unserer heutigen Kundgebung. Seit 2 Wochen dauern die Kriegshandlungen in Israel und Palästina nun schon an. Über 200 Menschen sind bereits gestorben, viele weitere wurden verletzt.
Dieser Krieg wird als Anlass gesehen für Angriffe gegen deutsche Juden und jüdische Einrichtungen in Deutschland. Solche antisemitischen Übergriffe sind keinesfalls legitim. Sie sind aufs Schärfste zu verurteilen. Antisemitische Straftaten, die von der übrigen Bevölkerung toleriert werden, führen geradewegs auf die Straße hin zur Nazibarbarei. Dies dürfen wir nicht zulassen.
Wir müssen hier klar und deutlich aufzeigen, wo unsere rote Linien sind. Solche antisemitischen Straftaten greifen direkt auch unseren demokratischen Rechtsstaat mit dem Gewaltmonopol des Staates an. Sie sind gegen uns alle gerichtet.
Die große Errungenschaft in der Zeit nach der Naziherrschaft in Deutschland ist unsere demokratische Ordnung auf dem Boden des Grundgesetzes. Dies wurde mit großen Opfern errungen und es zeigt uns den Weg in eine sichere, friedliche, rechtsstaatliche und demokratische Zukunft, an der eine Jede und ein Jeder in Deutschland teilhat. Lösungen für Probleme auf einem friedlichen, demokratischen Weg zu finden ist oft langwierig, ist anstrengend, ist manchmal enttäuschend und birgt Rückschläge. Das stimmt. Aber es gibt keine Abkürzung für Problemlösungen, die über den Gewaltweg führen. Dort gibt es nur Sackgassen.
Den legitimen Weg raus aus den Sackgassen der Gewalt in Israel und Palästina hat der Friedensprozess von Oslo aufgezeigt. Nur in einer Zweistaatenlösung mit der Hauptstadt Ost-Jerusalem eines souveränen Staates Palästina und einem legitimen und geschützten Staat Israel in den Grenzen von 1967 wird ein dauerhafter Frieden in der Nahostregion möglich sein. Dieser von den Vereinten Nationen vorgezeichnete Weg ist es, auf den sich die Bemühungen zur Konfliktlösung konzentrieren müssen.
Sowohl die israelische Regierung mit ihrer widerrechtlichen Siedlungspolitik im Westjordanland als auch die extremistische Hanas mit der Nichtanerkennung und daraus folgenden Bekämpfung des gesamten Staates Israel sabotieren und unterlaufen die Friedensbemühungen von Oslo. Seit über 20 Jahren gibt es keinen Fortschritt, weil die Extremisten beider Seiten alle friedliebenden Bemühungen torpedieren.
Der Großteil der israelischen Staatsbürger, und 20 Prozent von Ihnen sind israelische Palästinenser, und der Großteil der Bevölkerung in den palästinensischen Gebieten wünschen sich sehnlichst seit vielen Jahren Frieden. Sie wollen sicher in ihrer Heimat leben können, sie wollen sich ein Leben aufbauen, eine Familie, eine demokratische Zukunft in einem Rechtsstaat.
Die Hamas beschießt Israel wahllos mit über 4000 selbstgebauten Raketen. Es wird in Kauf genommen und es ist ihr egal, dass dadurch Zivilisten, Frauen, Kinder, arabische Israelis oder wer auch immer verletzt und getötet wird. Das ist Terrorismus. Die palästinensische Führung hat die seit 15 Jahren überfälligen Wahlen abgesetzt und wieder verschoben. Das war völlig undemokratisch und zeigt deren Korruptheit und Machtbesessenheit.
Das israelische Militär als Arm der israelischen Regierung bombardiert seine vermeintlichen Ziele mit wenig Rücksicht auf die Leiden der Zivilbevölkerung. Nicht nur die Bombardierung des großen Medienhochhauses, in dem 23 internationale Medienagenturen untergebracht waren, ist ein Kriegsverbrechen. Mit der gnadenlosen Politik des „Auge um Auge“ bleiben immer am Ende nur noch Blinde übrig. Dies ist eine schreckliche Sackgasse.
Die Urheber antisemitischer Straftaten in Israel und auch bei uns liegen in der Begründung Ihrer Verbrechen völlig falsch. Sie verwechseln die auf jeden Fall erlaubte und in manchen Teilen klar berechtigte Kritik an den Handlungen der israelischen Regierung mit einer pauschalen Verurteilung sämtlicher Juden und Jüdinnen für die Taten ebendieser Regierung. Und sie verwechseln das legitime Interesse der Palästinenser, in einem souveränen Staat Palästina leben zu wollen, mit dem Recht, dem Staat Israel die Existenzberechtigung abzusprechen und ihn als Ganzes zu bekämpfen.
In diese Falle dürfen wir nicht gehen. Dieses Verhalten und die daraus folgenden antisemitischen Straftaten müssen wir aufs Schärfste verurteilen und hier müssen wir sofort und deutlich Stellung beziehen und dürfen nicht nachlassen, die Rückkehr auf zivilen Umgang miteinander und auch mit dem vermeintlichen Gegner einzufordern.
Zuletzt möchte ich noch einen Blick auf die Urheber von antisemitischen Straftaten in Deutschland werfen: Von interessierter Seite am rechten Rand des Spielfeldes wird immer wieder betont, dass hier der eingewanderte muslimische Antisemitismus der Urheber der Straftaten sei. Dies wird als Beleg für eine verfehlte Asyl- und Migrationspolitik gesehen. Es wird mit der Forderung nach strengeren Regeln für die Zuwanderung verbunden oder am Besten gleich ganz deren Abschaffung impliziert.
Fakt ist jedoch, dass 90% aller antisemitischen Straftaten in Deutschland aus dem rechtsextremistischen und rechtspopulistischen Spektrum heraus geschehen. Seit Jahren wird bei repräsentativen Umfragen ein bis zu 20%iger Bevölkerungsanteil identifiziert, der antisemitische Vorbehalte hat. Hier heißt es für uns, für alle Demokraten, Flagge zu zeigen und die Wahrheiten deutlich auszusprechen. Hier heißt es auch, im persönlichen Umfeld, im Gespräch am Arbeitsplatz, im Verein und in der Familie sich klar gegen Antisemitismus, für die Demokratie, für den Rechtsstaat und für die Menschenrechte für alle Menschen auszusprechen.
Enden möchte ich mit einem Zitat von Esther Bejarano, die Aussschwitz überlebt hat und übrigens in diesem Jahr mit ihren 96 Jahren noch einmal nach Fulda kommen wird. Sie sagt: „Ihr seid nicht verantwortlich dafür, was geschehen ist. Aber ihr seid mitverantwortlich, dass es nicht wieder geschieht!“
Das ist unsere Aufgabe. Das ist unsere Verpflichtung. Ich danke Ihnen.